Zweiradabenteuer zwischen Schloss und Schlawiner

Mopedbuben unterwegs zwischen Braunfels und dem wilden Westerwald

Genau zehn Jahre ist es her, dass die Marienthaler Mopedbuben zu ihrer ersten großen Tour aufgebrochen waren. Es war die Tour „Fifty Five“ – die Fünfländertour. Eine Woche lang hatte damals ein zusammengewürfelter Haufen von Zweiradfreunden das Abenteuer gewagt, mit Oldtimermaschinen mit lediglich 50 ccm-Motoren die Welt zu erkunden. Dieser Tour folgten viele weitere. Zum zehnjährigen Jubiläum sollte das Jahr natürlich auch nicht ohne ein gemeinsames Zweiradabenteuer zu Ende gehen. Zwar hatte man im Vorfeld viele Probleme, um ein gemeinsames Datum für die Tour zu finden. Doch Ende September, vom 26. bis 28. des Monats, war es dann so weit. Auch wenn zuvor der Wettergott noch grollte, haben die Jungs den Mut nicht verloren und sind dafür sogar belohnt worden. Obwohl es am Vortag wie aus Eimern goss, hielt man am Start um 9 Uhr am CMC-Clubheim fest. Schon der Start war trocken und so sollte es auch bis zum Ende der Reise bleiben. Allerdings war es noch recht kühl, als die Mopedbuben aufbrachen und lediglich in Presberg ein paar Sonnenstrahlen auf der Fahrt ins Wispertal erhaschen konnten. Anschließend war es feucht und neblig. (Videos unter www.fifty-tours.de.)

Das Ziel der Ausfahrt

Ziel der Ausfahrt war Braunfels, ein Luftkurort zwischen Hintertaunus und Westerwald. Einst lag er an der Kreuzung der Eisen- und Salzhandelsstraßen. In der Umgebung wurde auch Eisenerz abgebaut. Einen Einblick bietet in der Nähe heute noch die Grube Fortuna. Bekannt ist Braunfels für sein Schloss, das seit dem 13. Jahrhundert Sitz der Grafen von Solms ist. Der romantische Marktplatz, Fachwerkhäuser und Stadttore bieten ein besonderes Flair im Luftkurort. Wie aus einem Märchen entsprungen, thront die turmreiche Silhouette des Schlosses 280 Meter hoch auf einem Basaltfelsen über der Stadt und zieht schon von weitem die Blicke auf sich. Seit über 800 Jahren befindet sich das Schloss ununterbrochen im Besitz derselben Adelsfamilie und ist bis heute bewohnt: Ein lebendiges Kulturdenkmal, das Geschichte, Kunst und Gegenwart in einzigartiger Weise vereint. Ursprünglich als Wehrburg errichtet, wandelte sich das Bauwerk über die Jahrhunderte zu einem prächtigen Schloss, das zahlreiche architektonische Epochen in sich vereint.

Auf dem Weg

Der erste Stopp bei der Anreise war in Bad Schwalbach. Auf dem Weg dorthin hatte man bei der Bergfahrt hinauf zur B 260 erst einmal ein Zündkerzenproblem, das mit dem Tausch der Kerze aber schnell behoben war. Mit Weck, Worscht, aber ohne Wein gestärkt, ergaben sich bei der Pause schnell Gespräche mit Passanten, die neugierig die Oldtimer ins Visier nahmen. Der ein oder andere erinnerte sich an seine erste Maschine oder erzählte gar von einer alten Viktoria, die er noch in der Scheune stehen hat, sie aber leider nicht mehr bewegt. Dabei gibt es eigentlich kaum etwas Nachhaltigeres, als diese alten Maschinen zu bewegen. Denn sie wurden vor 45 oder 50 Jahren dafür gebaut, die individuelle Mobilität zu ermöglichen. Während moderne Fahrzeuge heute quasi schon ihr Verfallsdatum in Form von nicht mehr update-fähiger Software und Betriebssystem (s.a. Windows 10) in sich tragen und wohl kaum den Status eines Oldtimers erhalten werden, wirken in den kleinen Zweitaktmaschinen einfach die Gesetze der Physik. Das genügt, um auch heute noch weit entfernte Ziele zu erreichen. Und so halten die Mopedbuben ihre Fahrzeuge in Schuss, um mit Freude am langsamen Reisen immer wieder neue Ziele anzusteuern. Allerdings muss man dazu etwas mehr beherrschen, als nur das fixe Wischen mit den Fingern über einen Touchscreen.

Von Bad Schwalbach ging es für die Gruppe in Richtung Bad Camberg – also eine kleine Bädertour. Leider war die Strecke über die B 417 nicht ganz so attraktiv. Das sollte sich aber später bessern durch die Wahl von kleinen Nebenstrecken. Bad Camberg selbst bestach durch seine gepflegte und eindrucksvolle Altstadt. Natürlich nutzte man die Rast für eine Kaffeepause. Sie wurde quasi zwangsläufig notwendig, weil sich bei einer Zündapp das Antriebsritzel gelöst hatte und erst repariert werden musste.

Die ersten 90 Kilometer legte man recht gleichmäßig zurück, bis es in Rod an der Weil eine Vollsperrung in Richtung Weilmünster gab, die einen großzügigen Umweg notwendig machte. Dabei gab es zusätzlich auf der Umleitungsstrecke noch einen Großeinsatz der Feuerwehr in Hasselbach, wodurch die Ortsdurchfahrt gesperrt war. Doch mit einem freundlichen Tipp einer Feuerwehrfrau ließ sich der Straßenabschnitt umfahren. Eigentlich hätte man das Ziel nach 126 Kilometern erreichen müssen. Doch durch die Umwege kam Kilometer um Kilometer hinzu.

Doch schon bald war das eigentliche Ziel der Reise in Sicht. Denn von weitem grüßten die imposanten Türme von Schloss Braunfels die herannahende Gruppe. Braunfels liegt an der Fachwerkstraße und ein Blick auf das Ensemble der Altstadt unterstreicht, wie berechtigt dies ist. Mit der Wahl der Unterkunft im Hotel und Brauhaus Obermühle hatte man alles richtig gemacht. Das sollte sich in den kommenden beiden Tagen zeigen. Nicht nur die großzügigen Zimmer, sondern die freundliche Aufnahme war überzeugend. Hier fühlte man sich von Anfang an willkommen und gut aufgehoben. Aus der Küche wurden fantastische Leckereien geboten und wie es sich für ein Brauhaus gehört, stand der Gerstensaft hoch im Kurs auch bei den Mopedbuben. Insbesondere der braune oder blonde Schlawiner war als Biersorte eine echte Entdeckung.

Hoch zum Schloss

Auch wenn der Samstag regnerisch startete, tat das der Stimmung keinen Abbruch. Denn dies bot Gelegenheit, das Schloss Braunfels und die Altstadt zu erkunden. Beeindruckend war nicht nur der steile Anstieg zum Schloss, sondern auch das gesamte Gebäudeensemble. Bei einer gebuchten Tour konnte man viel über die Geschichte des Gebäudes und der Familie erfahren, die auch nach 750 Jahren in ihren Bemühungen um den Erhalt des historischen Anwesens nicht nachlässt. Die Familie lebt selbst noch in einem Flügel des Schlosses und bietet ihre kulturellen Schätze zur Besichtigung an. Alte Rüstungen, Gemälde, alte Kirchengewänder und vieles mehr sind dort zu bestaunen. Auch die Familiengeschichte, die Verbindungen zu englischen und niederländischen Königshaus beinhaltet, wird den Besuchern näher gebracht. Mit „Texas Charlie“ reichen die Verbindungen sogar bis Amerika, wo die Stadt New Braunfels gegründet wurde, wo heute noch der Name des Freizeitparks „Schlitterbahn“ auf die deutschen Wurzeln aufmerksam macht.

Mofarennen

Der Nachmittag gehörte dann ganz den Zweitaktern. Denn in der Nähe, in Mönstadt, besuchte man ein besonderes Mofarennen, das dort rund um den Sportplatz ausgetragen wird. Die zehn Stunden von „LE MÖ“ sind ein MOFA-Geschicklichkeitsrennen, einzigartig, verrückt und eine Gaudi für die ganze Familie. Hier drehten die Rennfahrer mit ihren Maschinen ihre Runden. Einmal pro Stunde wird dabei die Richtung des Rennens gewechselt. Bis zu drei Personen können ein Team bilden. Und in der Boxengasse warten die Schrauber auf ihren Einsatz für eventuelle Reparaturen. An den Start gingen die Fahrer um 10 Uhr, Zieleinlauf war erst um 20 Uhr. Dafür braucht es viel Kondition.

Das Reglement ist streng: Der Hubraum darf maximal 50 Kubikzentimeter betragen und muss luftgekühlt sein. Für den Mofa-Rahmen sollte ein serienmäßiger Nachweis per Typenschild erbracht werden. Umgerüstet werden dürfen dagegen die Gabel vorne und die Federbeine hinten. Eigenbauten und sicherheitsbedenkliche Veränderungen des Rahmens sind nicht erlaubt. Und ganz wichtig: Der Wiedererkennungswert des originalen Mofatyps muss gewährleistet sein. Die Bremsen einwandfrei funktionieren. Darauf achtet der TÜV-Prüfer. Auch auf die funktionstüchtige Auspuffanlage mit Schalldämpfer. Denn das maximale Fahrgeräusch darf nicht mehr als 100 Dezibel betragen.

Wer gegen das Reglement verstieß wurde durch Sonderprüfungen bestraft. Die Strecke war teilweise in ein benachbartes Feld gebaggert worden, um den Rundkurs abwechslungsreich und herausfordernd zu gestalten. Den Teilnehmern war ihre Begeisterung anzusehen. Für die Verköstigung der Gäste sorgten fleißige Helfer der freiwilligen Feuerwehr.

Rückfahrt

Am Sonntag hieß es dann schon wieder Abschied nehmen. Die Route führte zunächst hinunter nach Runkel an der Lahn, dann über Schloss Dehrn nach Limburg und über Diez nach Nassau, wo gerade der große Michaelsmarkt stattfand. Im Lahnstübchen direkt an der Lahnbrücke, gab es hausgemachte Frikadellen für alle. Gut gestärkt ging es auf die letzte Etappe in Richtung Kaub, wo man in Bennos Truck Stop noch einmal auf die gelungene Ausfahrt anstieß. Und so ging es langsam über Assmannshausen und Aulhausen zurück an den Startpunkt am CMC-Clubheim, glücklich darüber, dass die Reise ohne Verletzungen bewältigt wurde. Ein Wochenende voller neuer Eindrücke und Erlebnisse ging zu Ende und schürte die Vorfreude auf die nächste gemeinsame Ausfahrt mit den alten Mopeds. Videos findet man unter www.fifty-tours.de.

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