Krautschau auf der Suche nach Mauerblümchen
Hochschule beteiligt sich am „Internationalen Tag der biologischen Vielfalt“
Geisenheim. (hhs) –
Junge Menschen, die am Straßenrand kauern oder an Mauern stehen, unscheinbare Pflänzchen untersuchen und deren Namen mit Kreide auf die Straße schreiben – so mancher Passant schaute am Montagabend leicht irritiert.
Hintergrund der Aktion war der „Internationale Tag der biologischen Vielfalt“. Er erinnert daran, dass am 22. Mai 1992 das UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt verabschiedet wurde. Es wurde inzwischen von 196 Staaten ratifiziert. Die Weltgemeinschaft setzt sich im Rahmen dieses Übereinkommens regelmäßig Ziele, um den Erhalt der biologischen Vielfalt, ihre nachhaltige Nutzung und gerechte Verteilung des Nutzens zu fördern.
Passend dazu und termingerecht startete die Hochschule Geisenheim ihr neues Veranstaltungsformat „Science Walks“ – wissenschaftliche Spaziergänge. Der Auftakt stand ganz im Zeichen der Artenvielfalt: Interessierte konnten bei der „Krautschau“, einem botanischen Stadtrundgang Wildpflanzen im Stadtgebiet entdecken und mehr über deren Rolle als Mikro-Ökosysteme erfahren. Betreut und informiert wurden die vorwiegend jungen Menschen von Professorin Dr. Marianne Darbi, Wissenschaftlerin am Institut für Landschaftsplanung und Naturschutz.
„In Städten wächst und blüht es überall. Am meisten dort, wo keiner hinschaut: zwischen Pflastersteinen, in Rinnsteinfugen und Mauerritzen“, erklärte Darbi schon im Vorfeld. „In Deutschland haben sich ca. 500 Arten an die extremen Lebensbedingungen angepasst und widerstehen den schädlichen Einflüssen einer Stadt. Gleichzeitig sind sie wertvolle Mikro-Ökosysteme für zahlreiche Insekten und andere Organismen.“
Das Ziel: Mit der Aktion „Krautschau“ soll mehr Bewusstsein für die Vielfalt von Wildpflanzen im urbanen Raum und deren Bedeutung für die Stadt geschaffen werden. Bei einem kleinen Spaziergang durch Geisenheim, mit Pflanzenbestimmungsbuch oder -app und Malkreide ausgestattet, ging es am Montag auf Entdeckungsreise durch Geisenheim. Wenn eine – auch noch so unscheinbare – Pflanze bestimmt werden konnte, wurde ihr Name für alle sichtbar auf den Asphalt geschrieben. „Ich habe einfach die Malkreide meiner Kinder mitgebracht“, verriet Marianne Darbi ihren schmunzelnden Wegbegleitern. Für das Beschriften der Straße hatte eigens eine Genehmigung bei der Stadt eingeholt werden müssen. Und das „Zauberhafte Mauerblümchen“, botanisch „Cymbalaria muralis“ wurde natürlich auch gefunden.
Science Walks
In den kommenden Wochen bieten die Geisenheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Führungen unter dem Leitmotiv „Science Walks“ an, bei denen sie Interessierten grüne Themen näher bringen wollen. Es geht u.a. um Vogelarten und Insekten auf den Flächen der Hochschule – sowohl dem Campus, als auch den Freilandflächen des Obst- und Weinbaus. Auch die botanische Vielfalt der Hochschulparks wird untersucht. Dabei liegt der Fokus auf gebietsheimischen Pflanzen.
Ein Höhepunkt dürfte die Tour zum „BioQuiS“-Projektweinberg (Förderung der Biodiversität durch Querterrassierung im Steillagenweinbau) in Assmannshausen sein, auf dem Geisenheimer Forschende wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen von Querterrassierung im Steillagenweinberg untersuchen. Das Projekt zeigte unter anderem, dass die mit heimischer Vegetation begrünten und fachgerecht gepflegten Terrassenböschungen großflächig wertvolle Lebensräume, etwa für Insekten, bilden.
Die „Science Walks“ stehen allen Interessierten kostenfrei offen. Lediglich zur Tour nach Assmannshausen ist eine Anmeldung nötig. Alle Informationen und Details unter veranstaltungen.hs-geisenheim.de.
Die weiteren Termine im Überblick: 31. Mai, 8.15 bis 9.30 Uhr: Entdecken Sie die verschiedenen Vogelarten auf den Hochschulflächen. Treffpunkt: Altes Weinfass, Von-Lade-Straße 1.
14. Juni, 10.30 bis 12 Uhr: Entdecken Sie die Insektenvielfalt auf den Hochschulflächen, Treffpunkt wieder am alten Weinfass.
17. Juni, 16.15 Uhr: Querterrassierung im Steillagenweinbau, Treffpunkt: Bahnhof Assmannshausen. Von dort gibt es einen Shuttle zum Weinberg, festes Schuhwerk empfohlen.
22. Juni, 13.15 bis 14.15 Uhr: Pflanzenvielfalt im (Hochschul-)Park, Treffpunkt: Villa Monrepos.
Alle Informationen und Details unter „veranstaltungen.hs-geisenheim.de“.
Internationaler Verbund
Die Touren auf den Hochschulflächen können die Teilnehmenden übrigens auch nutzen, um die biologische Vielfalt auf dem Campus zu dokumentieren. Denn gemeinsam mit 16 anderen europäischen Hochschulen nimmt die Hochschule Geisenheim vom 22. Mai bis 30. Juni 2023 an der „ICA Biodiversity Challenge“ teil. Die teilnehmenden Einrichtungen sind Mitglieder der „Association for European Life Science Universities“ (ICA), die Hochschulangehörigen mit der Challenge einen Anstoß geben möchte, sich mit der Artenvielfalt im direkten Umfeld auseinanderzusetzen, mehr über heimische Arten zu lernen und das Bewusstsein für deren Bedeutung zu vertiefen.
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