Engagement gegen die "Kinderarmut" im Rheingau

Stiftung "Zukunft schenken! Jean-Dominique Risch" besteht seit 15 Jahren / Eine Million als Stiftungskapital angepeilt

Jean-Dominique Risch (l.) im Gespräch mit Michael Gamisch (r.)

In Deutschland gibt es ungefähr 40.000 Stiftungen in unterschiedlichsten Rechtsformen. Eine davon ist im Rheingau beheimatet und kann in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen feiern. „Zukunft schenken! Jean-Dominique Risch“ ist eine gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts. Ihr Gründer und Namensgeber war 2013 der erste "Rheingauer des Jahres", den die Leser des Rheingau Echos gewählt haben. Chefredakteur Michael Gamisch nahm das Jubiläum zum Anlass, um mit ihm über die Ziele der Stiftung zu sprechen.

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Jean-Dominique Risch hatte vor 15 Jahren die Idee für diese Kinderhilfestiftung. Dem vorausgegangen war eine einschneidende Erfahrung. Das Schlüsselerlebnis sei eine Veranstaltung im Jahr 2006 gewesen. Damals war Risch Vorsitzender des Deutschen Kinderschutzbundes Rheingau. Am Weltkindertag hatte man demonstrativ in Geisenheim auf dem Domplatz für jedes Kind, das im Rheingau-Taunus-Kreis Leistungen nach Hartz4 erhält – also von Armut betroffen ist – ein Fähnchen in den Boden gesteckt – es waren mehr als 2.000. Damals habe er sich sehr naiv geäußert, erinnert sich Risch. Er habe gesagt, dass es ja nicht darum ginge, dass Kinder nichts zu essen hätten, als ihm eine Mitarbeiterin der Gemeindecaritas im Rheingau widersprach. Sie sagte: "Herr Risch, genau darum geht es. Montags wird in deutschen Kindertagesstätten am meisten gegessen." Diese Aussage habe ihn so erschüttert, dass er sich mit dem Thema weiterbeschäftigt habe. 2008 hat Risch im Präventionsrat Oestrich-Winkel eine Arbeitsgruppe initiiert, die zum Ziel hatte, als Stadtgemeinschaft Hilfen für sozial benachteiligte Kinder zu erarbeiten. In der AG haben Vertreterinnen aus den Vereinen, den Kirchen, Grundschulen und Kindertagesstätten in Oestrich-Winkel mitgearbeitet. Im November 2008 hat diese Arbeitsgruppe dann die Kampagne "Zukunft schenken“ auf den Weg gebracht. Ziel war es zunächst nicht gewesen, eine neue Institution zu gründen. Der Präventionsrat Oestrich-Winkel befand sich zum Ende 2008 und beim Start der Kampagne "Zukunft schenken“ aber schon in Auflösung.

Unabhängigkeit sichern

"Ich habe mir also Gedanken darüber gemacht, wo diese Kampagne mit ihrem erwartbaren Mehrwert für Kinder, Jugendliche und ihren Familien einen festen Platz haben kann und auch darüber, wie „Zukunft schenken“ weiterentwickelt werden kann", erklärt Risch rückblickend seine Initiative. Ziel sollte sein, dass „Zukunft schenken“ dauerhaft inhaltlich und finanziell abgesichert ist. Da Risch aber erlebt hat, dass in Vereinen Projekte auch aufgegeben oder vernachlässigt werden und ihr Erfolg oft von den gerade handelnden Personen abhängen, suchte er nach anderen Lösungen. In dieser Phase der Überlegungen habe seine Frau den folgenschweren Satz gesagt: "Dann gründe doch eine Stiftung."

Und genau das hat Risch dann gemacht und gleichzeitig bewiesen, dass solche Institutionen nicht nur etwas für reiche Leute sind. Und es war wieder seine Frau, die ihn daran erinnerte, was sein Kapital sei – nämlich Ideen zu gestalten, Menschen dafür zu begeistern und mitzunehmen.

Nach intensiven Recherchen, auch beim Bundesverband Deutscher Stiftungen, dem die Stiftung „Zukunft schenken!“ später als Mitglied beigetreten ist, wurde die Idee vor 15 Jahren in die Tat umgesetzt. Das Projekt „Zukunft schenken“ in eine Stiftung zu überführen, schien die beste Lösung zu sein, denn auf diese Weise konnte ein unabhängiger Fortbestand gesichert werden, weil eine Stiftung niemandem gehört – außer sich selbst. Auch der Gedanke, dass diese Stiftung einmal unabhängig von Spenden ihre Arbeit machen kann, war reizvoll. Aber bis dahin war es noch ein weiter Weg.

Start mit 5.000 Euro

Gegründet wurde die Stiftung mit weniger als 5.000 Euro. "Wir hatten damals aber das Glück, dass uns die Naspa auf Vermittlung des Bundestagsabgeordneten Klaus-Peter Willsch unmittelbar nach Anerkennung der Gemeinnützigkeit im August 2009 eine Spende in Höhe von 2.000 Euro zukommen ließ. Dies ermöglichte uns zum einen, sofort mit unserer Arbeit zu beginnen und zum anderen uns durch diese Arbeit für Spenden zu empfehlen. Gleichzeitig hatten wir eine hohe persönliche Präsenz im Rheingau mit Infoständen. Auch das Rheingau Echo räumte uns eine großzügige Berichterstattung ein", erinnert sich Risch an die Anfänge.

Die Stiftung wird satzungsgemäß von einem dreiköpfigen Vorstand geleitet, das sind neben Elvira Mehrlein aus Johannisberg noch Rischs Ehefrau und Risch selbst. Diese Arbeit erfolgt ehrenamtlich und wird dokumentiert gegenüber dem Finanzamt und der Stiftungsaufsicht beim Regierungspräsidium Darmstadt. Diese Behörden prüfen sowohl die inhaltliche Arbeit der Stiftung und außerdem die Einnahmen und Ausgaben. Und natürlich steht die Stiftung im Fokus der Öffentlichkeit, der Medien, sowie der Förderer und auch denjenigen, die vielleicht argwöhnisch die verschiedenen Aktivitäten verfolgen.

Die Stiftung wurde von Anfang an durch die Banken in der Region begleitet und beraten, sodass die Zustiftungen – also das Stiftungsvermögen – in einem breiten Portfolio angelegt wurde. Dadurch hat auch die Niedrigzinsphase der vergangenen Jahre die Stiftung weniger getroffen. "Gerade in den vergangenen Jahren haben wir zusammen mit der Rheingauer Volksbank sehr spannende Anlagestrategien entwickelt, die Erträge bringen und auch Spaß machen", erklärt Risch optimistisch. Vor einigen Jahren hat man zudem ein sehr großes Aktienpaket der Fraport AG geschenkt bekommen, das gleichwohl bis heute nicht einen Euro Dividende erbracht habe. Aber eine Stiftung habe ja überhaupt keinen Zeitdruck und generell einen sehr langen Atem.

Immerhin ist das Stiftungsvermögen bis heute auf 850.000 Euro angewachsen. Die ganze Million sei sein persönliches Ziel, meint Risch ehrgeizig. Doch schon jetzt erziele man wirkungsvoll Erträge. Und auch in den vergangenen 15 Jahren wurde dank Spenden und den lange Zeit mageren Erträgen eines eher kleinen Stiftungsvermögens dennoch viel Gutes getan.

So gibt es die Vitaminspende an der Leopold-Bausinger-Schule seit 14 Jahren, ebenso wie Schulsozialarbeit an der Grundschule, lange bevor der Rheingau-Taunus-Kreis dann auch Schulsozialarbeit an Grundschulen einrichtete. Unterstützt werden auch Vereine im Rheingau, wie zum Beispiel die Kinder- und Jugendfarm in Winkel, der Eltviller Tisch u.a. mit Hilfen in Form von Lebensmittelgutscheinen während der Pandemie, als die Tische und Tafeln geschlossen hatten. Darüber hinaus gibt es das Projekt "Lieblingsbücher" und "LeseZeit".

Mehr als 240.000 Euro Fördermittel hat die Stiftung in den vergangenen 15 Jahren im Sinne des Stiftungszweckes ausgeschüttet. Die Stiftung stellt heute für den Rheingau einen sehr erheblichen sozialen Mehrwert dar. "Durch unsere Arbeit haben wir zudem Bewusstsein und damit ein besseres soziales Klima zugunsten sozial benachteiligter Kinder, Jugendlicher und Familien geschaffen", ist Risch überzeugt.

Mehr im Video

Was die intensivsten Erfahrungen in den zurückliegenden 15 Jahren bei der Arbeit für die Stiftung waren, die schwersten oder glücklichsten Momente und wie die Zukunft aussehen soll, darüber kann man von Jean-Dominique Risch auch mehr erfahren im Video-Interview mit Rheingau Echo Chefredakteur Michael Gamisch, das auf der Homepage des Verlags zu finden ist (s. QR-Code).

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